Gastbeitrag von Julia Otto
Am Sonntag Judika, dem fünften Sonntag der Passionszeit, wurde in Unterbreizbach ein ganz besonderer Gottesdienst gefeiert: In einem lebendigen und festlichen Rahmen wurden vier Lektorinnen und ein Lektor für ihren ehrenamtlichen Verkündigungsdienst im Kirchenkreis Bad Salzungen-Dermbach eingesegnet.
Sowie Rosemarie Möller gesegnet, die den Lektorenkurs wiederholte. Der Gottesdienst stand unter dem Thema „Jesus vor Pontius Pilatus“ und wurde von den Absolventinnen und Absolventen selbst vorbereitet und mitgestaltet – ein sichtbares Zeichen für ihr neu erworbenes liturgisches Können und ihre Leidenschaft für die Verkündigung.
Ein Zeichen des Aufbruchs in bewegten Zeiten
Superintendent Christoph Ernst würdigte das Engagement der sechs Lektorinnen und Lektoren, die sich trotz schrumpfender Strukturen und vakanten Pfarrstellen bereit erklärt haben, Verantwortung zu übernehmen:
„Dass sich Menschen aufmachen, das Evangelium weiterzutragen, ist in unserer Zeit alles andere als selbstverständlich. Es braucht heute viel Ausdauer, Mut und Frustrationstoleranz, um Gemeinde zu gestalten. Umso größer ist die Freude, wenn sich Menschen finden, die genau das tun möchten. Liebe Lektorinnen und lieber Lektor – ihr seid ein wahrer Schatz für unsere Kirche.“
Er griff auch das biblische Bild von der „großen Ernte im Weinberg“ auf, für die es nur wenige Arbeiter gebe. In Zeiten, in denen nicht mehr selbstverständlich „Konfirmanden, Taufkinder und Gottesdienstbesucher Schlange stehen“, wie Ernst es formulierte, sei er demütig vor Menschen, die sich senden lassen – nicht aus Pflicht, sondern aus Überzeugung.
„Manchmal ist es wie ein kleines Wunder – oder ein Wachsen gegen den Trend –, dass sich immer wieder Menschen finden, die bereit sind, Verantwortung zu übernehmen und dort Gottesdienste zu feiern, wo aufgrund kleiner werdender Gemeinden keine Pfarrerinnen oder Pfarrer mehr regelmäßig Dienst tun oder Gottesdienste nur noch selten stattfinden.
Einen Dienst zu tun, weil er getan werden muss – nicht, weil man sich etwas davon verspricht, sondern weil man selbst von Gott gesegnet ist und diesen Segen weitergeben möchte: Das verdient großen Respekt. Danke – und wie schön, dass Sie da sind,“ so Superintendent Christoph Ernst.
Ausbildung mit Herz und Tiefgang
Die Lektorinnen und der Lektor hatten zuvor an einem intensiven Ausbildungskurs unter der Leitung von Pastorin Diana Engel teilgenommen, der Beauftragten für die Aus- und Weiterbildung der Lektorinnen und Lektoren.
In zehn Einheiten – meist in Dermbach – erhielten sie praktische, theologische und liturgische Grundlagen, um künftig eigenverantwortlich Gottesdienste zu gestalten.
Persönliche Geschichten und bewegende Gründe
Die sechs neuen Lektorinnen und Lektoren stammen aus verschiedenen Gemeinden des Kirchenkreises. Im Rahmen des Gottesdienstes stellten sie sich vor.
Besonders hervorzuheben ist, dass drei von ihnen aus Schweina kommen – einer Gemeinde, in der die Pfarrstelle seit zwei Jahren vakant ist.
Die Beweggründe der neuen Lektorinnen und Lektoren sind so vielfältig wie berührend:
Erik Keiderling (Schweina): „Ich möchte, dass auch dann Gottesdienst gefeiert werden kann, wenn kein Pfarrer da ist – damit die Kirche offen bleibt.“
Elisabeth Dörfling (Schweina): „Ich habe Zeit und möchte mich einbringen. Das Gemeindeleben soll nicht nur auf den Schultern des Pfarrers oder der Pfarrerin lasten.“
Sandra Melzer (Pferdsdorf), Bestatterin: „Ich bin schon lange ehrenamtlich im Kirchenkreis aktiv. Jetzt einfach mal etwas Neues auszuprobieren und auch selbst mitzugestalten – das war mein großer Wunsch.“
Dorothee Willer (Schweina), Organistin: „Ich spiele oft Orgel. Nun wollte ich auch den theologischen Hintergrund besser verstehen.“
Silke Krug (Bad Liebenstein): „Mein Mann war Lektor. Nach seinem Tod habe ich gespürt: Jetzt ist es an mir, diesen Dienst fortzuführen – als Vermächtnis.“
Rosemarie Möller (Wiesenthal): Sie hatte den Kurs bereits einmal absolviert und nutzte die Gelegenheit, ihr Wissen aufzufrischen und zu vertiefen.
Musik als verbindende Kraft
Für den musikalischen Rahmen des Gottesdienstes sorgte ein eigens gegründeter Projektchor unter der Leitung von Ariel Arnhold.
Sängerinnen und Musiker aus verschiedenen Gemeinden kamen zusammen, um den Tag klangvoll zu begleiten – unter anderem mit den Liedern „Herr, dein Name sei erhöht“, „10.000 Gründe“ und dem rhythmischen Schlusslied „Danke, mein Herr“, bei dem die Gemeinde begeistert im Takt mitschnipste und -klatschte.
„Es war ein Geschenk, diesen Chor zu erleben“, sagte Pastorin Engel. Und auch das Anspiel der neuen Lektorinnen und des Lektors zeige: „Das zeigt, was möglich ist, wenn Menschen sich zusammentun.“
Feierliche Einführung und Segnung
Nach der persönlichen Vorstellung traten die neuen Lektorinnen und der Lektor im Kreis vor den Altar. Superintendent Ernst und Pastorin Engel segneten sie abwechselnd und übertrugen ihnen offiziell das Amt.
Als sichtbares Zeichen erhielten sie eine Urkunde der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland, die sie berechtigt, im Kirchenkreis Bad Salzungen-Dermbach selbstständig Gottesdienste zu halten und das Evangelium zu verkünden – auf Grundlage von Lesepredigten.
In einem kurzen Anspiel präsentierten die frisch Eingesegneten den Predigttext aus Johannes 18/19 auf kreative Weise und zeigten, wie sie ihre neuen Fähigkeiten lebendig in die Praxis bringen können.
Dank und Ausblick
Zum Abschluss richtete sich Silke Krug im Namen aller Lektorinnen und Lektoren an Pastorin Diana Engel: „Danke für die gemeinsame Zeit, für die Geduld und die Stunden, die lehrreich und schön waren.“
Dorothee Willer ergänzte: „Es war uns ein Fest!“ Auch Chorleiter Ariel Arnhold erhielt dankbare Worte. Eine Sängerin aus dem Chor brachte es auf den Punkt: „Nach nur zwei Proben so etwas zu erleben – das war einfach schön.“
So ging ein Gottesdienst zu Ende, der Mut machte, Hoffnung weckte und ein starkes Zeichen setzte: Kirche lebt – durch Menschen, die sich einbringen, wachsen wollen und die frohe Botschaft weitertragen.